17/08/2015
Kuching
Borneo ist nicht der Nabel der Welt, klar. Aber muss es deshalb 28h und drei Flüge brauchen um hinzukommen? Als wir endlich die feuchte, warme Luft Kuchings einatmen konnten, in der der Holzkohlegeruch einen Vorgeschmack auf die Garküchen gab, waren die Strapazen schnell vergessen. Sie kamen allerdings auch schnell wieder, als sich zeigte, dass man den Jetlag nicht überlisten kann, indem man abends landet.
Kuching ist die größte Stadt in Sarawak. Die Viertelstunde, die man vom Flughafen aus braucht, vergeht zwischen Autobahnkunstwerken, Handwerksbedarf und anderem, unansehnlichem Vorstadtzubehör, wie man es in jeder Stadt Asiens findet. Doch am Ende überrascht Kuching mit einem liebenswerten, kleinen Zentrum, das zugleich die chinesische und Kolonial-Altstadt ist. Das Ufer des Sungai Sarawak säumt eine hübsche Promenade, auf der die einheimischen Paare nach Sonnenuntergang flanieren. Dort gibt es auch alle paar Meter vielversprechende Food Stalls. In den angrenzenden Gassen verstecken sich viele nette Bars und Restaurants, die für das üblicherweise pragmatische Styling asiatischer Essgelegenheiten erstaunlich liebevoll aufgemacht sind. Zwar schafft es hier eine Bar mit fünf Metern langen Flaschenreihen keine Cocktails zu "können", aber in der kleinen mit Tischen besetzten Sackgasse schmeckt auch ein Bier gut.
Eigenartig ist, dass sich das ganze Leben nur am einen Ufer abspielt. Die Schäl Sick ist offenbar nur zum Ansehen gedacht. Hinter einem geschickt angelegten Wäldchen erhebt sich die Halle des Sarawaker Parlaments. Das seltsame Gebäude steht wie ein gestrandetes Ufo da, mit seinen hohen oben verästelten Säulen, die mit viel Fantasie noch einen Bezug zum waldigen Bundesstaat erahnen lassen. Die goldene Dachkonstruktion in Form eines halb geöffneten Regenschirms könnte optimistisch auf das typische Wetter anspielen. Von der hundertprozentigen Regenwahrscheinlichkeit hat allerdings nur Stunde 15 etwas abbekommen. Daneben gibt es noch den Gouverneurspalast und ein altes Fort, aber auch hier sind Besucher entweder verboten oder in Ermangelung von Brücken und Straßen auf Abstand gehalten. Zumindest sieht das vom anderen Ufer alles sehr ordentlich aus.
Da an Sehenswürdigkeiten von einem Ufer-Spaziergang abgesehen nur noch die zahlreichen Katzendenkmäler der Stadt übrig bleiben, die höchstens dazu einladen über ihre Abschaffung nachzudenken, braucht der Frühaufsteher in Kuching ein anderes Nachmittagsprogramm. Wir sind mit dem Bus nach Semenggok gefahren. Faszinierend übrigens, dass der Bus trotz der Warnung des Guesthouses, er sei nicht verlässlich, wirklich auf die Sekunde genau abgefahren ist. Ziel des Ausflugs ist eine Orang Utan Station, wo gestrandete Tiere gepäppelt und ausgewildert werden. Wegen der regelmäßigen Futterzeiten werden die Tiere nicht mehr ganz so wild und lassen sich immer gegen 15 Uhr blicken. Die Weibchen und Jungtiere turnen an den Lianen oder hängen lässig an einer Hand und einem Fuß als X in der Gegend rum. Aufregung kam auf, als sich der Doyen der Orang Utans blicken ließ: Ein 40 jähriges Männchen, bei dem die Verniedlichungsform fehl am Platz ist. Er sieht aus wie ein orangener, in der Mitte gefalteter Yeti und wirkt derart bullig, dass er vermutlich Bäume als Zahnstocher nimmt. Er war allerdings ganz zufrieden mit einer Schale Bananen, die er sich quer in den Mund geschoben hat.
Die abendliche Stimmung lässt sich nicht nur am Ufer genießen, sondern besser noch auf dem Dach eines Parkhauses. Kenner drücken im Aufzug auf die sechs, und die Tür öffnet sich zu einem Parkdeck voll mit Tischen. Darum herum reihen sich Seafood Küchen aneinander, die allesamt prachtvolle Fische und Hummer in ihren Eisauslagen haben. Aussuchen, wiegen lassen und Zubereitung wählen – fertig. Beim letzten Schritt haben wir einen Fehler gemacht, so dass unser toller Fisch von einer Shrimpsmarinade verdorben wurde.