Südafrika 2022

10/12/2022 bis 31/12/2022

11/12/2022

Kapstadt

Wir waren noch gar nicht richtig wach nach dem langen Flug und den endlosen Schlangen bei der Ankunft - da saßen wir schon in unserem schwachbrüstigen, kleinen Mietwagen und haben uns über wirre Autobahnen durch den Linksverkehr leiten lassen. Die wenigsten Städte zeigen sich schon am Flughafen von ihrer schönsten Seite. Aber die endlosen Wellblechviertel, mit denen Kapstadt beginnt, sind besonders deprimierend. Nur die allgegenwärtigen Tafelberge lassen auf einen besonderen Ort schließen. Bald funkelt das Meer in der Bucht, aber die hässlichen Hafenanlagen und die tristen Hochhäuser lassen keine Romantik aufkommen.

Die Schnellstraße schlängelt sich am Fuß des Tafelbergs entlang und gibt nach einer Weile den Blick auf den Lion‘s Head frei – der markante kleinere Gipfel wacht über der Stadt und ist von überall aus zu sehen. Unsere private Unterkunft liegt im ruhigen und schicken Tamboerskloof, wo sich alte viktorianische mit modernen Häusern abwechseln.

Das erste, was unsere Gastgeberin uns erklärt hat, war die App, mit der man über die Stromzuteilung in Kapstadt informiert wird. Es gibt nämlich in jedem Bezirk täglich mehrere geplante Stromausfälle. Anscheinend ist die Infrastruktur schlecht gewartet und kann nicht durchgehend genug Strom für alle erzeugen. Mit der App kann man also planen, wann man warm duschen oder wann ein Café auch Milchschaum machen kann.

Von unserem kleinen Innenhof aus konnten wir so gerade die „Spitze“ des Tafelbergs sehen – und zwar ohne Wolken. Daher sind wir direkt zur Seilbahn gefahren um Kapstadt von oben zu bewundern. Der Boden der Gondel dreht sich während der Fahrt, damit alle etwas zu sehen bekommen. Besonders die mächtigen Steilwände am oberen Rand des Bergs sind beeindruckend. Oben verläuft sich die sonntägliche Besucherschar auf den vielen mit Heidekräutern bestandenen Spazierwegen.

Der Blick auf die Innenstadt mit ihren hässlichen Hochhäusern erinnert an Bogota, wo man genauso vom Hausberg auf die endlose Stadt blickt. Aber in Kapstadt gibt es noch die andere Seite, wo die Bergkette der Zwölf Aposteln majestätisch die Küste entlang Richtung Kap verläuft. Davor blenden weiße Sandstrände in den Buchten der schicken Vororte. Eine Wolkendecke legte sich sanft auf die Tafelberge und es wurde fast noch schöner dadurch. Fast, weil es dann anfing zu regnen.

Den Rest des Nachmittags haben wir daher im tollen Zeitz Museum verbracht. Das Gebäude ist ein umgebautes, ehemaliges Hafensilo und mutet sehr industriell-futuristisch an. Die Ausstellungen zeitgenössischer afrikanischer Künstler waren wirklich sehenswert. Die in der Nähe liegende Waterfront dagegen war weniger sehenswert, hier reihen sich nur langweilige Restaurants aneinander.

12/12/2022

Wir sind früh aufgestanden, um vor der ersten Stromabschaltung warm duschen und im Café um die Ecke einen Cappuccino (mit Milchschaum!) trinken zu können. Ein guter Start in einen schönen Tag für einen Ausflug ans Kap.

Über den Sattel zwischen den Stadtbergen sind wir zu den Strandvororten Camps Bay und Hout Bay gefahren. Camps erinnert an Sidneys Bondi Beach und Hout liegt so hübsch von steilen Klippen umsäumt, dass es die Riviera sein könnte – nur ohne schöne, alte Häuser. Dahinter beginnt der Chapman‘s Peak Drive, eine wunderschöne Küstenstraße, die sich hoch über dem Meer an die Klippen schmiegt.

Weiter südlich und auf der anderen, östlichen Seite des Kaps liegt Boulder Bay. Dort hat sich zwischen den mächtigen Felsbrocken auf dem Strand eine kleine Pinguin-Kolonie angesiedelt. In einem abgesperrten Bereich kann die kleinen Stinker aus nächster Nähe beobachten. Am benachbarten Badestrand mischen sich die Pinguine auch unauffällig unters Volk und stellen sich so arglos zu den Menschen, dass sie fast einen störenden Schatten aufs Handtuch werfen.

Das Ziel des Ausflugs ist quasi das Ende Afrikas. Das Kap ist - wie so einiges hier - in einen Nationalpark gewickelt. Wir waren überrascht, wie groß und landschaftlich schön die Spitze des Kaps ist. Am hintersten Zipfel thront ein Leuchtturm hoch über schroffen, senkrechten Felsen, an deren Ufer sowohl der Atlantische als auch der Indische Ozean seine Wellen schickt. Mit dem über Kapstadt aufziehenden Gewitter wird es wild am Kap. Wir sind aber noch losgelaufen, weil es vor der Spitze mit dem Leuchtturm noch einen Pfad zu einer kleineren Spitze mit einem kleineren Leuchtturm gibt. Noch wildere Stimmung dort unten, aber der Regen hat uns erwischt.

Das eigentliche Kap der Guten Hoffnung ist kaum der Rede wert. Das ist ein flach am Ufer liegendes Fleckchen, das man nur an der Tafel, die seine Wichtigkeit erklärt, erkennt. Wir sind noch nicht mal ausgestiegen. Leider hat uns der Regen weitere Spaziergänge dort unten verdorben.

13/12/2022

Der erste frühmorgendliche Blick aus dem Fenster hat unseren Plan zunichte gemacht, den Lion‘s Peak zu besteigen. Normalerweise hat man die runde Bergspitze immer im Blick, aber an diesem Morgen war es so wolkenverhangen, dass wir weitergeschlafen haben. Stattdessen sind wir durch die Stadt spaziert. Von unserem Viertel aus zieht sich die Kloof Street mit ihren vielen Bars und Restaurants bis in die Innenstadt („City Bowl“), wo sie zur ebenso belebten Long Street wird. In der Nähe gibt es viele schöne Cafés und Geschäfte.

Der Stadtpark „Company‘s Garden“ ist eigentlich ganz schön angelegt, aber bis auf Scharen von Eichhörnchen ziemlich ausgestorben. Es scheint sich für ein Nickerchen auf Parkbänken zu eignen. Mittendrin liegt die National Gallery, die mit ihren wirr vollgehangenen Wänden am Rekord in Kunst-pro-Quadratmeter arbeitet. Hier hängt jede Menge afrikanische Kunst, und dazwischen hier ein kleiner Miro, da ein Kandinsky und alles von Dürer (auch dabei) bis heute.

Weil sich der Lion‘s Head weiterhin nicht zeigen wollte, haben wir den Nachmittag am langen Strand von Camps Bay verbracht. Hier genießen jede Menge Familien den Anfang der Sommerferien und planschen stundenlang im gar nicht so warmen Wasser. Eine Bucht weiter liegt das schicke Clifton. Der Strand ist nur über steile Treppen erreichbar und von großen Felsen segmentiert, dass man meint, auf den Seychellen gelandet zu sein. Es muss schon toll sein, nach der Arbeit für ein Stündchen hierher kommen zu können. Zehn Minuten mit dem Auto wartet die Großstadt.

14/12/2022

Garden Route

Es hat eine ganze Weile gedauert bis wir die Ausläufer Kapstadts hinter uns gelassen haben. Die Fahrt ist deprimierend. Die Wellblechviertel der Townships bestehen aus einem endlosen Meer kleiner Wellblechhäuschen, das nur von der Autobahn und dem Horizont begrenzt wird. Überall stehen improvisierte Strommasten, von denen Kabel in jede Hütte führen. Es gibt Satellitenfernsehen, aber vermutlich kein fließendes Wasser. Die Zustände muten noch unmöglicher an, wenn man weiß, dass ein paar Kilometer weiter – noch in derselben Stadt – die Leute mehr Komfort in ihren Garagen für ihre SUVs haben als hier ganze Familien.

Später wird die Umgebung zwar ländlicher, aber nicht besonders aufregend. Unser nächster Stopp Hermanus kündigt sich als langgezogener Ort an der Schnellstraße an. Im Ortskern gibt es ausschließlich Touristen. Wären wir nicht eben noch in Kapstadt gewesen, hätten wir uns auf Sylt oder in Knogge vermutet. Nur unser schönes Hotel Auberge Burgundy sieht aus wie eine alte französische Villa, die sich verirrt hat.

Der hoch gelobte Küstenwanderweg, hat sich als asphaltierter Streifen entpuppt, der direkt unterhalb der Promenade durch die steile Uferböschung führt. Auf den sieben Kilometern ist jeder Meter Meerblick mit schicken Ferienhäusern bebaut. Darunter beginnt direkt ein dichtes Gestrüpp windschiefer Hecken, das bis zum felsigen Ufer reicht. Nach einer Weile wird es etwas einsamer und man könnte auf jeder, der 130 Parkbänke eine kontemplative Pause mit Meerblick machen. Gegen Ende des Weges liegen kleinere Badebuchten, wo furchtlose Familien so tun, als hätte das Wasser eine angenehme Temperatur. Dahinter öffnet sich die Küste zu einem riesigen Strand, wo wir uns ein wenig zum Verbrennen in die Sonne gelegt haben, bevor wir alles wieder zurückgelaufen sind.

15/12/2022

Die Strecke nach Wilderness wurde vom Reiseführer als „abwechslungsreicher“ Abschnitt der schönen Garden Route erwähnt. Das Unwort des Urlaubs stand damit fest, nachdem wir mehrere Stunden durch abgeerntete Getreidefelder gefahren sind. Das war nicht so abwechslungsreich. Später haben ein paar grüne Wiesen und Wälder fast schon Eifelflair erzeugt. Wir hatten zwischendurch die Sorge, wir hätten die falsche Route genommen: Autobahn statt Scenic Route?

Wilderness selbst muss seinen Namen vor langer, langer Zeit bekommen haben. Aber immerhin ist der Ort so klein und zerstreut, dass es sich nicht ganz so touristisch anfühlte. Unser Guesthouse Mes Amis liegt auf einem Hügel und hat eine Terrasse wie eine Loge hoch über dem Meer. In einem weiten Bogen erstreckt sich der Strand endlos in beide Richtungen. Die Wellen brechen sich schon weit draußen und ziehen lange, weiße Streifen durch die tolle Bucht.

Ein Weg führt von unserem Haus steil durch die Böschung hinunter zum Strand. Wir sind eine Ewigkeit spazieren gegangen ohne auch nur ansatzweise irgendwo anzukommen. Das Wasser ist hier schon deutlich wärmer als am Kap, vermutlich macht der Indische Ozean hier schon seinen Einfluss geltend. Von unserer Terrasse aus konnten wir den Sonnenuntergang und mit ein paar Stunden Schlaf dazwischen auch den noch viel schöneren Sonnenaufgang am anderen Ende der Bucht bewundern.

16/12/2022

Unser nächster Stopp an der Garden Route war Storms River. Der Weg dorthin war ähnlich „abwechslungsreich“ wie die bisherigen Strecken. Der winzige Ort liegt mitten im Tsitsikamma Nationalpark. Die Gegend sieht genauso aus wie das Hohe Venn: Aufgeforstete Nadelhölzer wechseln sich mit Mooren und Heide ab. Es schien als würde im Nationalpark auch kräftig abgeholzt, aber laut Karte das waren dann nicht geschützte Bereiche im Schutzgebiet.

An der Küste gibt es einen schönen Wanderweg zu einem Wasserfall. Der Trampelpfad verliert sich nach einer Weile und es geht nur noch über große Steine am Strand entlang. Das Meer schleudert sich wild gegen die Küste. In dem eiskalten Pool des Wasserfalls konnten wir uns vor dem Rückweg etwas abkühlen.

Die Wanderung zu einer hübschen Hängebrücke, deretwegen wir eigentlich gekommen waren, hat sich als langweiliger, kurzer Spaziergang herausgestellt. Neben einem Campingplatz gibt es auch ein großes Imbisszelt, wo sich die Einheimischen warmtrinken, bevor sie die halbe Stunde über Stege aus Holzimitat aus Plastik (!) zur Brücke stolpern, um ein Foto zu machen.

Wir waren gerade rechtzeitig zurück, als der Regen anfing, der dann nicht mehr aufhören wollte. Die vielen tropischen Pflanzen in dem schön bewachsenen Garten unserer Unterkunft wirkten im Regen so richtig zuhause. Und das leicht stockige Zimmer erklärte sich so auch.

17/12/2022

Es hatte sich so richtig eingeregnet, und die Wanderungen am Storms River Mouth hatten wir schon bei der Ankunft gemacht. Daher sind wir von der Wetterkarte geleitet nach Plettenberg Bay gefahren. Und tatsächlich klarte es in dem Moment auf, als wir auf der Robberg Halbinsel ankamen.

Der Park ist eine kleine Ausgabe vom Kap in Kapstadt. Heide erstreckt sich über steile Felsen über wilden Stränden. Schön angelegte Wege führen oben über die Klippen. Aus der Tiefe tönte das Röhren der Robben zu uns hoch. Ein bisschen Regen hatten wir zwar doch, aber der hörte bald schon wieder auf, als wir über den langen Strand trockenen Fußes zu einer kleinen Insel gingen. Dort ist das Reich der Möwen, die auf den Klippen brüten und sich in starkem Wind um die besten Plätzestreiten. Ein Schild warnt vor „Freak Waves“ - leider (oder zum Glück?) haben wir keine gesehen.

18/12/2022

Addo

Die letzten Kilometer der Garden Route haben uns nach Port Elizabeth gebracht. Das war wieder sehr „abwechslungsreich“. Erst kurz vor PE ist das Hohe Venn einem etwas tropischeren Bewuchs gewichen. Von dort aus sind wir nach Norden ins Inland abgebogen um zum Addo Nationalpark zu kommen.

Aus Sicherheitsgründen sollte man den direkten Weg meiden und einen Riesenumweg außen an drei Seiten des Parks vorbei fahren. Wir waren früh dran und sind stattdessen einfach durch den Park gefahren, weil wir im letzten Moment entdeckt hatten, dass es neben dem Haupteingang im Norden auch ein Südtor gibt.

Daher standen wir mit unserem schwachbrüstigen, kleinen Renault plötzlich in einer Schlange Monster-Trucks, die auf den ersten Blick etwas geeigneter für die Angelegenheit zu sein schienen. Im Nachhinein muss man aber sagen, dass die Schotterpisten ganz ordentlich waren – insbesondere, wenn man ohnehin nur im ersten Gang unterwegs ist. So sind wir einige Stunden höchst konzentriert mit ausgetrockneten Augen durch den Addo‘schen Busch gefahren und haben Wildschweine, Antilopen, Zebras, Elefanten und auch kleineres Getier und Gefieder am Straßenrand entdeckt. Das war das erste Mal, dass wir eine Safari selbst gefahren sind. Zuerst dachten wir, dass man dabei kaum etwas sehen würde. Aber eigentlich hat es sich als ziemlich gut herausgestellt, weil wir solange scharfstellen konnten, wie wir wollten.

Am späten Nachmittag haben wir im Norden aus dem Park herausgefunden und sind so auf dem längstmöglichen Weg von PE in Addo angekommen, wo wir in einem sehr schönen Hotel mit pseudo-traditionellen Rundhütten untergekommen sind (zumindest liegt der Verdacht nahe, dass die echten Hütten keine Duschen hatten). Das ebenso schöne angegliederte Restaurant konnten wir erst am nächsten Morgen wirklich würdigen, da beim gesamten Abendessen der Strom abgestellt war und sogar die Küche nur vom Kerzenschein und ein paar Notlampen erhellt wurde.

19/12/2022

Wir sind auf diesem Trip unserem eigenen Plan häufig etwas voraus gewesen. Eigentlich stand erst heute eine Safari im Addo-Park auf dem Programm. Diesmal sind wir in einem organisierten Safari-Fahrzeug mitgefahren. Der Fahrer hat versucht, seine wortkargen Erläuterungen durch jeweils zweimaliges Wiederholen jeder Meldung zu kaschieren. Damit konnte er natürlich nur die Holländer blenden, die nicht schon am Vortag alles gesehen hatten.

Man muss zugeben, dass wir mehr Elefanten gesehen haben. Aber der Fokus des Fahrers lag doch etwas stark auf großen Viechern. Die Guides haben eine WhatsApp-Gruppe, in der sie sich gegenseitig erzählen, wo der Park-Löwe gerade schläft und wo die Elefantenkinder gerade spielen. Das hat dazu geführt, dass wir sehr lange und sehr schnell durch den Park gefahren wurden - vierter Gang, mindestens! Wir wurden mit einem beigen Fleck ein paar hundert Meter entfernt belohnt, vom dem uns drei Mal versichert wurde, dass es der Löwe sei. Mit einer Menge zoomen konnten wir das sogar bestätigen - als einzige wohlgemerkt, da jeder andere im Auto nur mit seinem Handy fotografiert hat. Alles in allem waren wir froh, dass wir am Tag vorher schon mal in Ruhe selbst gefahren sind.

21/12/2022

Drakensberge

In Port Elizabeth haben wir unseren Mietwagen abgegeben und sind nach Durban geflogen. Dazwischen liegen wohl einige sehr schöne Gegenden – aber auch fast tausend Kilometer und zu wenig davon asphaltiert, als dass wir es in unserer kurzen Reise hätten unterbringen können. Also waren wir plötzlich in Durban und sind in einem fast genauso kläglichem Gefährt woanders weitergefahren.

Der Weg ins Inland zu den Drakensbergen wurde schnell langweilig: Felder, Weiden, Stauseen, noch mehr Felder. Wir mussten wieder einen Riesenumweg fahren, dieses Mal aber aus leichter akzeptierbaren geographischen Gründen. Die Witsieshoek Lodge liegt an der Kante eines Hochplateaus, das fast tausend Meter über der restlichen Landschaft aufragt. Das konnten wir auf unserem Umweg aber alles nicht sehen.

Stattdessen sind wir eine endlose Zeit durch die Stadt Phuthaditjhaba gefahren. Dort konnten wir schon ein paar Tafelberge am Horizont aufragen sehen. Aber die meiste Zeit waren wir damit beschäftigt im Gewusel auf der Hauptstraße unser Auto nicht an eine brutale Verkehrsberuhigung oder einen plötzlich bremsenden Minibus zu verlieren. Außerdem ist es eine empfehlenswerte Strecke, um die undurchsichtigen Vorfahrtsregeln zu trainieren. Im Gegensatz zur Garden Route, liegt Phuthaditjhaba ziemlich sicher in Afrika. Der Ort ist lose bebaut und zieht sich durch mehrere Täler und Hügel. Trotzdem sind überall Fußgänger. Das größte Business scheint Autowäsche zu sein (vier Holzstöcke, eine Zeltplane, ein Schwamm, viel Schaum). Die Häuser sind aus einfachen Ziegeln gebaut, haben Wellblech, aber meistens genug Platz für einen Gemüsegarten.

Hinter dem Ortsende hat sich die Straße immer weiter die Hügel hochgeschraubt. Die Sicht wurde schlechter, weil wir schon mitten in den Wolken fuhren. Irgendwann tauchte eine Schranke aus dem Nichts auf – wieder eine Nationalparkgrenze. Dahinter ging es noch einsamer weiter, bis sich in kaum 20 Metern Entfernung unser Hotel aus den Wolken schälte.

Der Reiseführer hat das Hotel als „elegant“ beschrieben. Das ist schon stark, da wackelt „abwechslungsreich“ als Lieblingswort. Wir konnten den abgehalfterten Aufenthaltsraum schon anfangs eine zeitlang genießen, als wir auf unser Zimmer gewartet haben. Aber letztlich ist es das einzige Hotel in der Gegend und versprüht auf über 2000m Höhe doch deutlich mehr Charme als eine Berghütte. Zumindest hatten wir unser eigenes Zimmer und warmes Wasser.

Den Nachmittag haben wir dafür genutzt, unsere Regenkleidung auszuführen. Mit Regenhosen und -jacke wandert es sich auch durch Wolken, leichten Regen und nasses Gras ganz bequem, vorausgesetzt man hat wie wir das Glück, dass es nicht zu warm ist. Wir haben einen Weg hinab ins Tal eingeschlagen, der zu einem Wasserfall führt. Aber so trocken eingepackt war das alles viel reizvoller als gedacht. Die satten Wiesen standen voller Wildblumen und auf dem Weg zum kleinen Wasserfall sind wir an einigen noch kleineren Wasserfällen vorbeigekommen. Der Pfad führte uns immer weiter bergab ins Tal, bis wir schließlich unter der Wolkendecke angekommen waren. Da erschien plötzlich ein märchenhaftes, grünes Land mit Bächen und Vögeln unter dem Nebel – nur Einhörner fehlten, und der Blick auf die umliegenden senkrechten Felswände, die eigentlich da sein sollten. Leider konnten wir die Runde nicht vollständig gehen, weil es schon langsam dämmerte.

22/12/2022

Eine der spannendsten Wanderungen in den Drakensbergen führt zu den Tugela-Falls - nach dem Salto de Angel in Venezuela der zweithöchste Wasserfall der Welt. Die Witsieshoek Mointain Lodge ist der ideale Ausgangspunkt dafür, denn sie liegt direkt an der Straße, die zum Parkeingang führt. Auf der Landkarte könnte man meinen, man fährt fünf Minuten vorher mit dem eigenen Auto los und ist schon auf dem Wanderweg. Das Hotel bietet glücklicherweise Transfers für die Strecke an, denn die sogenannte Straße ist auch für 4x4 Autos eine Herausforderung - es wäre angenehmer eine Treppe hochzufahren und die 9km dauern eine halbe Stunde.

Dagegen ist die Wanderung ein Spaziergang. Anfangs ging es etwas bergauf, aber der Ausblick vom Fuße des Sentinel Peaks - ein großer, flacher Felsgipfel - war schon überwältigend: Das Hochplateau fällt in einem großen Bogen fast einen Kilometer steil ins Tal ab. Wir konnten ungefähr die ersten 10m davon sehen, da eine geschlossene Wolkendecke knapp unter uns den Kessel abdeckte. Aber das sah mindestens genauso gut aus, wie bei klarem Wetter.

Danach sind wir bequem auf einer Höhe bleibend um den Sentinel Peak herumgelaufen, oben blauer Himmel, unten dichte Wolkendecke. Der Pfad endete an einem Spalt zwischen zwei Bergen, wo wir eine 20m hohe, senkrechte Passage (natürlich ungesichert) mit Kettenleitern erklimmen mussten. Das war aufregend. Dahinter gelangten wir schnell auf eine Hochebene auf etwa 3000m. Leider waren wir ein paar Minuten zu spät am Ziel. Die Wolkendecke war schon bis zum Rand hochgezogen. Von den knapp 950m des Wasserfalls konnten wir noch etwa 95,0cm bewundern. Auch hartnäckiges Pausieren an der Klippe hat uns keine tieferen Einsichten beschert.

23/12/2022

Die Drakensberge ziehen sich an der ganzen Ostgrenze von Lesoto entlang. In einem über drei Stunden langen Bogen sind wir nur 50km Luftlinie südlich in einem Abschnitt mit dem vielversprechenden Namen „Champagne Castle“ angekommen. Der „Monks Cowl“ ist ein weiterer kleiner Nationalpark. Südafrika ist voll von diesen hübschen Naturinseln, die in der landwirtschaftlichen Einöde schwimmen. Obwohl es dieselben Berge waren wie gestern, und auch gar nicht so weit davon entfernt, wirkte es wie in einem anderen Land. Bei 32º und strahlendem Sonnenschein haben wir uns den Bergen diesmal von unten genähert. Obwohl es hier nur halb so hoch war wie am Vortag, hat uns die Hitze doch zu schaffen gemacht. Aber das sattgrüne Bergland mit vielen (kleinen) Wasserfällen und Pfaden, die durch Proteen-Wäldchen führen, war einfach zu schön, um es nicht zu genießen. Die meisten Spaziergänger sind beim Aussichtspunkt „Sphinx“ umgekehrt. Wir sind eine fast fünfstündige Runde gegangen. Auf dem Rückweg war der überwucherte Pfad gerade einen Fuß breit und führte durch steile Hänge. Während hinter uns in den Bergen wildes Donnergrollen den nächsten Regenguss ankündigte, lagen vor uns noch wunderbare Talansichten.

Der Tag hatte aber noch ein paar mehr Überraschungen für uns. Unsere nächste Unterkunft wirkte auf den Bildern wie ein Ferienhaus. Den Schlüssel sollten wir in einem Restaurant „in der Nähe“ abholen. Dort wurde gerade ein Weihnachtsmarkt veranstaltet. Die Unterkunft läge nur 10km die Straße entlang, nach der zweiten Brücke den Hügel herunter und dann käme links das Tor. Der Asphalt reichte gerade lang genug um arglose Reisende auf die Straße zu locken und hörte dann abrupt auf, um der zweitschlechtesten Straße Südafrikas Platz zu machen: Als sei eine Welle aus Schlamm mitten in der Bewegung fest geworden; perfide Muster aus Schlaglöchern, höchste Konzentration. (Gottseidank war es trocken). Wir wollten nur kurz duschen und dann zum Abendessen zurück kommen. Dadurch hatten wir das Glück diese furchtbare Piste mit unserem armen Mietwagen viermal hintereinander fahren zu können, dreieinhalbmal im Dunkeln - absolut empfehlenswert.

Überraschend war jedoch die Unterkunft. Wir wurden am Tor abgeholt, das nicht etwa zum Haus führte sondern in ein privates Wildreservat. In einem großen Bogen führte die Schotterpiste unter Akazien entlang an friedlich grasenden Impala- und Zebra-Familien vorbei, bis in gebührendem Abstand fünf Villen auftauchten. Unser Gastgeber hatte am Telefon etwas von Giraffen erwähnt, was wir für einen Scherz gehalten haben. Aber da waren sie, und haben im Vorgarten an den Zitronenbäumen genascht.

Um das unerwartete Game Reserve wenigstens ein bisschen nutzen zu können, haben wir am nächsten Morgen noch vor dem Frühstück einen Spaziergang durch das Gelände gemacht. Unser Gastgeber hat von der Terrasse aus einen groben Kreis durchs Gelände beschrieben, wo er immer gerne gelaufen sei. Das muss schon eine Weile her gewesen sein, da wir die Pfade kaum noch gefunden haben. Dafür konnten wir eine Giraffenfamilie in allen Größen - von haushoch runter bis zum Nesthäkchen - aus nächster Nähe beobachten und fast zwischen ihren Beinen hergehen. Falls es hier Kinder gibt, könnten sie eine Giraffe als Fußballtor nehmen. Im feuchten Schilf rund um einen kleinen Fluss gab es viele Vögel, die in großer Hektik ihrer Brutpflege nachgegangen sind.

24/12/2022

St. Lucia

Nach unserer kleinen Fußsafari sind wir den langen Weg nach St. Lucia an der Ostküste gefahren. Die Landschaft war überwiegend sehr eintönig. Die Fahrt war auch anstrengend, weil die Autobahnen zu gut waren. Sobald es dreispurig wird, drehen die Autofahrer durch. Die Langsamen fahren dann ganz rechts (Achtung, Linksverkehr), damit sie nicht hinter den LKWs hängen, die ganz links fahren. Auf der mittleren Spur fahren dann die schnellen Autos. Es ist erstaunlich wieviele Leute plötzlich ungeduldig werden, wenn es mehr Platz auf der Straße gibt. In der Regel fahren die Südafrikaner nämlich sehr kooperativ. Der Seitenstreifen ist quasi eine Ausweichspur für langsamere Fahrzeuge. Überholen funktioniert daher manchmal anders herum: Von hinten blinkt man rechts, dann fährt der Vorfahrende links auf den Seitenstreifen und man selbst einfach geradeaus.

Nach einer Ewigkeit sind wir an der Küste im kleinen St. Lucia angekommen. Der Ort ist ein reiner Ferienort. Es gibt nur ein paar Straßen im Schachbrettmuster und in jedem Haus scheint ein Hotel zu sein. Es gibt es nur eine Handvoll Restaurants, die alle praktisch nebeneinander liegen. Wir sind in der Lodge Afrique untergekommen, die wirklich sehr schön und liebevoll aufgemacht war. Die freundliche, schwerhörige Managerin hat uns direkt eine Menge Tipps ins Ohr geschrien.

Für einen Strandort ist der Strand relativ schlecht zugänglich - man muss erstmal um den ganzen Ort herumfahren, eine Schranke passieren (kein Alkohol am Strand) und dann über einen langen Pfad laufen bis einen der Wald in einer breiten Dünenlandschaft ausspuckt. Am Meer wird eher geangelt als gebadet. Es war auch derart windig, dass wir nur versucht haben uns in einer Dünendelle ein ruhiges Plätzchen zu suchen (was natürlich nicht geklappt hat, schließlich hat derselbe Wind die Dellen gemacht).

Für den Nachmittag hatte uns die Managerin eine Empfehlung für einen Bootsausflug ins Ohr geschrien, der wir gefolgt sind. St. Lucia liegt an einem Zipfel des großen iSimangaliso Wetlands Nationalparks. Auf der Bootsfahrt haben wir ein paar Vögel verscheucht, aber vor allem Flusspferde beobachtet. Wenn man nur konzentriert genug aufs Wasser guckt, taucht irgendwann ein Hippo auf. Tausende von ihnen machen es sich in der großen, flachen Lagune gemütlich. Die Jungen unter ihnen balgen sich heftig und trainieren für den Ernstfall. Später fing es an zu regnen, was mit dem starken Wind in dem offenen Boot ein bisschen ungemütlich wurde. Da hatten es die Hippos im Wasser besser.

25/12/2022

Am Cape Vidal, etwa eine Stunde nördlich von St. Lucia im Nationalpark, sollte es einen noch schöneren Strand geben. Vor allem ist dort aber der Weg das Ziel. Denn die Straße führt durch flaches, gut einsichtiges Gebiet, in dem es viele Tiere zu sehen gibt. Kleine „Loop Roads“ ermöglichen es auch mal vorsichtig durch kleine Wälder zu fahren. Überall trifft man auf Kudus, Zebras, Büffel und Antilopen. In größerer Entfernung haben wir sogar Nashörner gesehen.

Am Strand war viel Betrieb. An Weihnachten muss ein Braai gemacht werden: Grillen auf südafrikanisch. (Das ist so ähnlich wie bei uns …nur ohne Beilagen). Da die Sonne normalerweise gnadenlos und ohne Schatten herunterbrennt, werden gerne Zelte vermietet. Etwas hässlich ist nur, dass sie die Gerüste davon stehen lassen. Vielleicht sind auch nur die Zeltplanen vom Wind weggerissen worden. Wir haben wieder eine Delle gesucht und versucht nicht zu viel Sand in Augen, Ohren und Taschen zu sammeln.

26/12/2022

Kosi Bay

Unser nächster Stopp führte uns fast bis an die Grenze zu Mosambik. Die Fahrt führte zwar am gesamten iSimangaliso Nationalpark vorbei, aber davon war wenig zu spüren. Die Straße war mit so vielen Verkehrsberuhigungen gepflastert, als hätte jemand mal alle verfügbaren Varianten hintereinander bauen wollen. Wenn die „Rumple Strips“ gerade mal nicht zum Schrittfahren zwangen, waren es die Kuhherden, die hier umherlaufen wie es ihnen gerade passt. In Manguzi war die ländliche Verschlafenheit schlagartig vorbei. Dort schien jedes Auto der gesamten Gegend genau in der Tankstelle Schlange zu stehen, wo wir auf jemanden von der nächsten Unterkunft warten sollten.

Unser Auto haben wir im Ort abgestellt und wurden dann in einem dicken Safari-Jeep zur Kosi Forest Lodge gefahren. Die Sandpisten hätte unser Auto nicht geschafft. Aber selbst mit einem geeigneten Fahrzeug wäre das Labyrinth aus unbeschilderten Abzweigungen kaum bezwingbar gewesen. Der Landstrich zwischen der Stadt und der Küste ist hügelig, grün und darunter schon sandig. Obwohl es keinerlei Infrastruktur gibt, stehen überall einfache Häuser in der Gegend. Erst am Eingang des Geländes hing das erste Schild auf der ganzen Strecke.

n einem Wald an einem kleinen See versteckten sich die Annehmlichkeiten des Hotels. Das Haupthaus bestand eigentlich nur aus einer halb offenen Terrasse und einer Küche, wo tolle Mahlzeiten gezaubert wurden. Die Hütten für Gäste liegen weit verteilt an schön angelegten Fußwegen durch den Wald. Die Hütten haben viele Fenster, die nur aus Moskitonetzen bestehen und das Gefühl bestätigen, dass man letztlich mitten im Wald schläft. Die Zikaden haben so laut gesägt und gebrummt, dass es sich wie ein Film auf die Ohren legte. Daher waren wir uns mit dem Schlafen nicht so sicher, aber auch die Insekten halten ihre Nachtruhe.

Wir haben einen entspannten Nachmittag am kleinen Pool verbracht. Dort wurde später eine kleine Bar für den Sundowner aufgebaut. Abends wurden die Wege dann von Öllampen erleuchtet, um uns sicher zum Haupthaus zu führen, wo es ein köstliches Abendessen gab.

27/12/2022

Zu den Aktivitäten, die im Kosi Forest geboten werden gehörte eine Kanufahrt in der Kosi Bay. Nach einer kurzen Fahrt mit dem Jeep hat uns ein Spaziergang durch einen schönen Wald mit vielen Farnen zu einem kleinen, zugewucherten Flüsschen geführt. Unser Guide hat uns in einem großen Kanu ein bisschen über den Fluss gerudert - für uns also eher eine Passivität. Am Ufer stehen viele baumartige Raphia Palmen, die mit ihren mächtigen Stämmen und riesigen Blättern eine undurchdringliche Mauer bilden. Viele Vögel warten auf den nächsten unvorsichtigen Fisch. Der Fluss verbindet ein System von mehreren Seen, die immer salziger werden und schließlich ins Meer münden. Mit dem Kanu kommt man leider nicht weit. Vor allem, weil die Seen voller Hippos sind, die man lieber in Ruhe lässt.

Am Nachmittag sind wir noch einmal zu einem längeren Spaziergang in den Wald zurückgekehrt. Durch den Regen der vorangegangen Tage war das eine matschige Angelegenheit. Die Luft war voll von den Rufen und Gesängen vieler Vögel. Aber es ist nicht leicht, sie wirklich vor die Linse zu bekommen. Zu dicht sind die Bäume, auf deren Gipfel sich die Vögel sonnen.

28/12/2022

Sodwana Bay

Unsere zwei Nächte an der Sodwana Bay waren unser Versuch, der Reise noch ein erholsames Ende zu verschaffen. Das ist eine der beliebtesten Strandecken in diesem Teil Südafrikas, was wir am unvermeidlichen Nationalpark-Gate gemerkt haben. Wir hätten wahrscheinlich stundenlang in der Autoschlage gewartet, wenn wir nicht durch ein Missverständnis ganz dreist an allen vorbei zum Tor gefahren wären. Unser Hotel lag nämlich nicht am Hauptstrand, sondern in einem Winkel am Ende eines riesigen Campingplatzes in der Nähe.

Wir haben einen modernen, blitzsauberen Bungalow bezogen, haben unsere Badesachen geschnappt und sind direkt zum Strand heruntergegangen. Ein kleiner Weg führte durch den dichten Wald, der das steile Ufer bedeckt. Der Strand war wirklich unglaublich. Er lief endlos bis in den Dunst des Horizonts. Außer einer Handvoll Leute, die mehr zum Angeln gekommen waren, war nichts los. Wir konnten es uns herrlich gemütlich machen und mussten uns um nichts außer regelmäßigem Wenden kümmern.

29/12/2022

Über den Strand sind wir zum Hauptstrand von Sodwana Bay spaziert. Dort wurde klar, wohin die endlose Autoschlange vom Vortag verschwunden war. Die Bucht glich einer Zeltstadt aus hässlichen, blauen Planen. Bizarrerweise standen überall Traktoren auf dem Strand. Damit werden in Ermangelung einer Rampe die Bootsanhänger ins Wasser geschoben. Wir sind schnell wieder in unsere friedliche Einöde zurückgekehrt und haben uns vom aufkommenden Wind sandstrahlen lassen.

30/12/2022

Incwala in Eswatini

Unser Ausflug nach Eswatini (Swaziland) kann man schon als Rückweg bezeichnen. Das ist natürlich etwas unfair - selbst für ein so kleines Land. An der Grenze arbeiteten die Beamten beider Seiten kräftig daran, nicht versehentlich als freundlich missverstanden zu werden. Die Tankstelle hinter der Grenze hatte kein Benzin mehr. Durch den Regen, der leider wieder eingesetzt hatte, wirkte alles etwas trist und schlammig. Die potentielle landschaftliche Schönheit blieb in den tief hängenden Wolken verborgen. Anfangs kamen wir zwar durch eine Zuckerrohr-Region, die recht eintönig war. Aber danach schien das Land sehr viel ursprünglicher als der große Nachbar. Weniger Verkehr, viel weniger bebaut, die Städtchen etwas chaotischer. In der Nähe von Manzini (ziemlich genau die Mitte des Landes) wurde die Straße mit ein paar Autobahn-Schildern dekoriert und hat sich kurz danach in irrsinnig großen Schlaglöchern aufgelöst. Die größte Herausforderung bestand darin nicht wie beim Autoscooter seitlich von jemandem gerammt zu werden, der gerade hektisch versucht seine Achsen zu retten.

In Ezulwini sind wir in der Matenga Lodge abgestiegen, die am Rande eines ruhigen Wohngebiets liegt. Die letzten 500 Meter des Wegs waren nicht mehr asphaltiert und durch den Regen in Auflösung begriffen. Das hat unserem Suzuki fast den Rest gegeben und das Gefühl vermittelt man wäre weit weg von jeder Zivilisation. Das Hotel war wunderschön gestaltet. Leider hatte das Regenwetter alle möglichen Ausflugsoptionen ertränkt.

An der Rezeption hatten wir aber zufällig aufgeschnappt, dass das Incwala-Fest (mit einem Klicklaut irgendwo beim c) noch lief. Das ist ein jährliches Fest, das sich über Wochen zieht und bei dem der König die Erntesaison freigibt und für Regen sorgt. Letzteres scheint zu dieser Jahreszeit nicht allzu schwer zu sein. Nirgendwo wurde auf das Fest hingewiesen, aber die freundlichen Mädchen vom Empfang haben uns auf Nachfrage mit ein paar vagen Anweisungen losgeschickt: „An der Tankstelle rechts, dann seht ihr es schon“. Der Hinweis, man könne nicht zugucken, sondern müsse mitmachen, klang etwas ominös.

Uns war nicht ganz klar, wonach wir suchen mussten. Eine Halle? Oder ein Feld? An der Tankstelle war aber wirklich schon eine Autoschlange auszumachen, die von schwer bewaffneten Soldaten gefilzt wurden. Bei uns waren sie etwas irritiert und haben ganz arglos gefragt, was wir den vorhätten. Wenn man „Incwala“ ohne den lässigen Plopplaut ausspricht, scheint es ungehört am eswatinischen Ohr vorbeizurauschen. Aber dann haben sie doch noch unseren leeren Kofferraum begutachtet und uns durchgewunken. Wir sind zu einem großen Feld gelotst worden, um zu parken. Ein Soldat kam aufgeregt auf uns zugerannt und erklärte, dass wir umparken müssten, weil der Kofferraum zur Residenz des Königs zeigen müsse. Kameras und Handys durften auch nicht mit rein. Alle paar Ecken mussten wir durch einen Metalldetektor gehen. Kurz bevor wir uns fragen konnten, wie und wo es jetzt weitergehen würde, sind wir von einer Dame aufgegabelt worden, die sich anhand ihrer Regenjacke als offizielle Touristenbegleitung ausweisen konnte. Um mitmachen zu können brauchten wir eine Fest-Ausstattung: Für Frauen ein langer Rock und ein dünnes Stöckchen, für Männer ein dicker Stock.

Obwohl uns nur Zufälle hierher geschwemmt hatten, kamen wir genau richtig. Nur ein paar Minuten später wurde die Zeremonie durch eine furchterregende Fanfare eröffnet, die jemand einhändig auf einer Posaune gespielt hat. Der königliche Kraal besteht aus zwei kreisrunden Einzäunungen mit kleinen Bienenstock-Hütten. Daraus strömte, von den Wohltönen gelockt, eine große Gruppe Männer in tollen Kostümen: Um den Hals ein Umhang aus Rinderschwänzen, der wie eine Löwenmähne wirkte, Leopardenfell über einem kurzen bunten Tuch um die Hüfte, Fellkränze für Kopf, Fesseln und Arme, und zwei dicke Stöcke. So sind sie auf einen kleinen Tanzplatz marschiert (der sonst vielleicht ein Parkplatz ist?), haben sich in langen Reihen aufgestellt und auf die Frauen gewartet. Die kamen von irgendwoher in langen, armlosen Kleidern mit traditionellen Motiven in rot und gelb, dazu Halsschmuck aus kleinen Perlen, mit dünnen Stöckchen. Sie haben sich gegenüber aufgestellt. Auf Geheiß der Touristenbegleiterin haben wir uns jeweils getrennt bei den Frauen und Männern eingereiht. Viele von den Soldaten und Polizisten, die auf dem Gelände unterwegs waren, haben sich in ihren Uniformen auch dazugestellt. So mussten wir uns ohne eigenes Leopardenfell nicht ganz so sehr schämen.

Dann wurde eine langwierige Choreographie aus Gesang und Tanz begonnen. Der Gesang bestand fürs ungeübte Ohr hauptsächlich aus Vokalen (AAAAAAAAAAA-OOOO), der Tanz aus Fußstampfen und einem gelegentlichen Ausfallschritt. Darüber legte sich ein geisterhaftes, hohes Gepfeife, das die Reihen hoch und runter ging. Mit dem Stock wurden verschiedene Bewegungen zwischen den Os, As und dem Gewichtswechsel nach dem Aufstampfen gemacht. Eine Stunde lang ging es so durch verschiedene Lieder und Tänze, die nach einer Weile bei den meisten (und manchmal auch uns) gesessen hat - obwohl der „Rhythmus“ dabei eher hinderlich war. Das Ganze war eine sehr originelle, urtümliche, eigenartige Sache, aber es war toll dabei gewesen zu sein. Außer uns waren nur zwei andere Touristen da. Wir hatten nur eine kleine Zeremonie innerhalb des Fests erlebt, die wichtigeren Termine mit König sollen noch wesentlich größer und aufregender sein.

31/12/2022

Der letzte Tag des Jahres war auch der letzte Tag unserer Reise. Wir bereuten es ein bisschen, so wenig Zeit für Swaziland gehabt zu haben. Daher haben wir unser kleines Auto noch vor dem Frühstück über eine fiese Buckelpiste getrieben, um noch eine Wanderung zu einem hübschen Wasserfall zu machen. Die freundlichen Menschen und vor allem das tolle Incwala-Fest haben Lust gemacht irgendwann wiederzukommen.

Zurück in Südafrika hatten wir den Eindruck uns in eine Plantage verfahren zu haben. Der Weg nach Johannesburg war so langweilig wie eine Tour durch die Kappesfelder von Erftstadt. Nur gelegentliche Abschnitte mit alptraumhaften Schlaglöchern haben uns wachgehalten bevor wir uns für die Rückreise in die ungelenken Hände von Condor in eine triste Silvesternacht im Flugzeug begeben haben.