Unser Ausflug nach Eswatini (Swaziland) kann man schon als Rückweg bezeichnen. Das ist natürlich etwas unfair - selbst für ein so kleines Land. An der Grenze arbeiteten die Beamten beider Seiten kräftig daran, nicht versehentlich als freundlich missverstanden zu werden. Die Tankstelle hinter der Grenze hatte kein Benzin mehr. Durch den Regen, der leider wieder eingesetzt hatte, wirkte alles etwas trist und schlammig. Die potentielle landschaftliche Schönheit blieb in den tief hängenden Wolken verborgen. Anfangs kamen wir zwar durch eine Zuckerrohr-Region, die recht eintönig war. Aber danach schien das Land sehr viel ursprünglicher als der große Nachbar. Weniger Verkehr, viel weniger bebaut, die Städtchen etwas chaotischer. In der Nähe von Manzini (ziemlich genau die Mitte des Landes) wurde die Straße mit ein paar Autobahn-Schildern dekoriert und hat sich kurz danach in irrsinnig großen Schlaglöchern aufgelöst. Die größte Herausforderung bestand darin nicht wie beim Autoscooter seitlich von jemandem gerammt zu werden, der gerade hektisch versucht seine Achsen zu retten.
In Ezulwini sind wir in der Matenga Lodge abgestiegen, die am Rande eines ruhigen Wohngebiets liegt. Die letzten 500 Meter des Wegs waren nicht mehr asphaltiert und durch den Regen in Auflösung begriffen. Das hat unserem Suzuki fast den Rest gegeben und das Gefühl vermittelt man wäre weit weg von jeder Zivilisation. Das Hotel war wunderschön gestaltet. Leider hatte das Regenwetter alle möglichen Ausflugsoptionen ertränkt.
An der Rezeption hatten wir aber zufällig aufgeschnappt, dass das Incwala-Fest (mit einem Klicklaut irgendwo beim c) noch lief. Das ist ein jährliches Fest, das sich über Wochen zieht und bei dem der König die Erntesaison freigibt und für Regen sorgt. Letzteres scheint zu dieser Jahreszeit nicht allzu schwer zu sein. Nirgendwo wurde auf das Fest hingewiesen, aber die freundlichen Mädchen vom Empfang haben uns auf Nachfrage mit ein paar vagen Anweisungen losgeschickt: „An der Tankstelle rechts, dann seht ihr es schon“. Der Hinweis, man könne nicht zugucken, sondern müsse mitmachen, klang etwas ominös.
Uns war nicht ganz klar, wonach wir suchen mussten. Eine Halle? Oder ein Feld? An der Tankstelle war aber wirklich schon eine Autoschlange auszumachen, die von schwer bewaffneten Soldaten gefilzt wurden. Bei uns waren sie etwas irritiert und haben ganz arglos gefragt, was wir den vorhätten. Wenn man „Incwala“ ohne den lässigen Plopplaut ausspricht, scheint es ungehört am eswatinischen Ohr vorbeizurauschen. Aber dann haben sie doch noch unseren leeren Kofferraum begutachtet und uns durchgewunken. Wir sind zu einem großen Feld gelotst worden, um zu parken. Ein Soldat kam aufgeregt auf uns zugerannt und erklärte, dass wir umparken müssten, weil der Kofferraum zur Residenz des Königs zeigen müsse. Kameras und Handys durften auch nicht mit rein. Alle paar Ecken mussten wir durch einen Metalldetektor gehen. Kurz bevor wir uns fragen konnten, wie und wo es jetzt weitergehen würde, sind wir von einer Dame aufgegabelt worden, die sich anhand ihrer Regenjacke als offizielle Touristenbegleitung ausweisen konnte. Um mitmachen zu können brauchten wir eine Fest-Ausstattung: Für Frauen ein langer Rock und ein dünnes Stöckchen, für Männer ein dicker Stock.
Obwohl uns nur Zufälle hierher geschwemmt hatten, kamen wir genau richtig. Nur ein paar Minuten später wurde die Zeremonie durch eine furchterregende Fanfare eröffnet, die jemand einhändig auf einer Posaune gespielt hat. Der königliche Kraal besteht aus zwei kreisrunden Einzäunungen mit kleinen Bienenstock-Hütten. Daraus strömte, von den Wohltönen gelockt, eine große Gruppe Männer in tollen Kostümen: Um den Hals ein Umhang aus Rinderschwänzen, der wie eine Löwenmähne wirkte, Leopardenfell über einem kurzen bunten Tuch um die Hüfte, Fellkränze für Kopf, Fesseln und Arme, und zwei dicke Stöcke. So sind sie auf einen kleinen Tanzplatz marschiert (der sonst vielleicht ein Parkplatz ist?), haben sich in langen Reihen aufgestellt und auf die Frauen gewartet. Die kamen von irgendwoher in langen, armlosen Kleidern mit traditionellen Motiven in rot und gelb, dazu Halsschmuck aus kleinen Perlen, mit dünnen Stöckchen. Sie haben sich gegenüber aufgestellt. Auf Geheiß der Touristenbegleiterin haben wir uns jeweils getrennt bei den Frauen und Männern eingereiht. Viele von den Soldaten und Polizisten, die auf dem Gelände unterwegs waren, haben sich in ihren Uniformen auch dazugestellt. So mussten wir uns ohne eigenes Leopardenfell nicht ganz so sehr schämen.
Dann wurde eine langwierige Choreographie aus Gesang und Tanz begonnen. Der Gesang bestand fürs ungeübte Ohr hauptsächlich aus Vokalen (AAAAAAAAAAA-OOOO), der Tanz aus Fußstampfen und einem gelegentlichen Ausfallschritt. Darüber legte sich ein geisterhaftes, hohes Gepfeife, das die Reihen hoch und runter ging. Mit dem Stock wurden verschiedene Bewegungen zwischen den Os, As und dem Gewichtswechsel nach dem Aufstampfen gemacht. Eine Stunde lang ging es so durch verschiedene Lieder und Tänze, die nach einer Weile bei den meisten (und manchmal auch uns) gesessen hat - obwohl der „Rhythmus“ dabei eher hinderlich war. Das Ganze war eine sehr originelle, urtümliche, eigenartige Sache, aber es war toll dabei gewesen zu sein. Außer uns waren nur zwei andere Touristen da. Wir hatten nur eine kleine Zeremonie innerhalb des Fests erlebt, die wichtigeren Termine mit König sollen noch wesentlich größer und aufregender sein.