Eigentlich dachten wir, dass es nach Yunishigawa-Onsen, 20km Luftlinie von Nikko, nicht so weit sein könnte. Deswegen sind wir erstmal ganz gemütlich Puddingsofteis essen gegangen. Unterwegs hat sich dann aber schnell herausgestellt, dass die Schätzung von Google Maps nur mit einem Hubschrauber zu halten gewesen wäre. Wir mussten vier Mal umsteigen und haben Stunden gebraucht. Die Gegend wurde mit jeder Station einsamer, aber auch schöner. Die bunt leuchtenden Wälder haben uns daran erinnert, warum wir so verrückt waren, im kalten Herbst nach Japan zu reisen. Der letzte Zug fuhr fast nur noch durch Tunnel, zwischen denen für Sekunden Stauseen, Berge und Herbstlaub aufblitzte. Unsere Haltestelle lag dann auch mitten in einem Tunnel. Wir waren die einzigen, die aus dem ohnehin fast leeren Zug ausgestiegen sind, und kamen uns vor wie die letzten Menschen. Der einzige Gang endete in einem Aufzug, der uns in einen kleinen Bahnhof (an der Oberfläche) beförderte, vor dem auch schon der Bus wartete.
Nach einer Sammel- und Umtauschaktion unter den Fahrgästen, weil wir ausgerechnet hier kein Kleingeld für den Bus hatten, kamen wir endlich beim Ryokan Honke Bankyu an. Das traditionelle, japanische Gasthaus empfängt schon seit über 300 Jahren Gäste. In Ryokans wird alles traditionsgemäß erledigt. Als Gast bekommt man dafür alles Nötige gestellt: Erstmal Schuhe aus und rein in die Zehensocken und Sandalen. Im riesigen Tatami-Zimmer mit „Papierwänden“ bekamen wir dann das Fitting für den kleidsamen Haus-Kimono (Yukata), in dem alle Gäste umherwandeln.
Entspannung und Genuss ist das zentrale Anliegen in einem Ryokan. Wenn der augenschmeichelnde Ausblick - in unserem Fall auf einen kleinen Gebirgsfluss - nicht reicht, muss das Onsenbad übernehmen. Wir haben eins der privaten Bäder gemietet und den strengen Regeln folgend im brühenden Wasser der heißen Quelle gebadet. Das Bad war zum Fluss hin halb offen, was in der Dämmerung einen malerischen Blick bot.
Schon gut durchentspannt sind wir über eine Hängebrücke zum Speisehaus auf der anderen Seite des Flusses gelangt. Dort hat uns ein unglaubliches Keiseki-Dinner erwartet. Der Chef hat eine Unzahl von Kleinstgerichten zubereitet. Zu Beginn hätten schon genug davon auf unserem Platz gestanden, aber es wurden in den kommenden anderthalb Stunden immer mehr geliefert. Von Sashimi über das köstliche Sukiyaki bis zu am Tischfeuer gegrillten Fischen. Einiges fiel eher in die Katgorie Mutprobe, aber das meiste konnten wir unter Genuss verbuchen. Und während in Vila Riva geschlemmt wurde, wurde unser Zimmer umgeräumt und die Futon-Betten ausgerollt, in denen wir selig geschlafen haben.